Die Überraschungen, die uns der Zufall bereitet, sind nicht immer erfreulich, aber sie bestimmen immer den weiteren Gestaltungsprozess - auch wenn wir so tun, als wäre nichts gewesen. Entscheidend dabei ist, dass jeder Zufall im Gestaltungsprozess eine Gesetzmäßigkeit bewirkt, die nun jeden weiteren Schritt beherrscht. Setze ich ziellos einen Farbtupfer irgendwo auf den leeren Bildgrund, so kommt ihm nun eine ungeheure Macht zu, die alles, was nun geschehen könnte, bereits beherrscht. Jede weitere Aktion des Malenden ist nun auf ihn bezogen – auch dann, wenn er versucht, den Farbfleck wieder zu tilgen.
In meiner Vorstellung und Erinnerung all die verstörenden Bilder, die uns die Medien fast täglich von diesem unsäglichen Bürgerkrieg in Syrien vor Augen führten, malte ich Anfang 2017 das Bild „Zu viele Helden“. Ich wollte diese Bilder nicht kopieren und strebte keine realistische Darstellung an, denn vor dieser unerträglichen Realität muss jeglicher Realismus scheitern. So setzte ich mit dem Pinsel zaghaft Farbtupfer auf die Leinwand. Sie sollten nur andeuten und nicht darstellen. Jegliches Zuviel an Farbe würde die Andeutung der ungeheuerlichen Zerstörungen zerstören. Zwar ergaben sich die konkreten Formen der Farbflecken und ihre Zuordnung eher zufällig, aber wahrnehmend war ich wachsam und überließ das Ergebnis nicht dem Zufall. Gleichwohl hatte ich das Ergebnis so nicht geplant, es war eher so etwas wie eine Ahnung des Bildes in mir. Intuitiv malend versuchte ich – zögernd – fragend – abtastend – erfühlend dieses Bild wirklich werden zu lassen. Irgendwann musste ich innehalten, denn jedes ‚Mehr-wollen‘ würde in diesem Prozess mehr zerstören als verwirklichen.
Diese spontanen Zeichnungen sind das Ergebnis eher intuitiver als intentionaler Handlungen. Hand und Sehen interagieren beim Zeichnen viel zu schnell, als dass hier das bewusste Denken steuernd eingreifen könnte.